Die Revolution beginnt mit Grisbrei

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und endet mit einem Satz Blumenkohlohren!

Hier mein Beitrag zum GmbH-Meme-Contest Numero V

Vorwort:
Da ich @siphon noch das Erfüllen einer Bitte schuldig bin, die auf der Frage basiert, wieso das mit der dicken Freundschaft zwischen General Franco und mir nicht so recht funktioniert hat, sehe ich mit diesem Contest die Chance gekommen, mein Schweigen in dieser Angelegenheit zu beenden. Dazu übergebe ich jetzt das Wort an diesen kleinen, grünen Langschwänzer (von seinem Herrchen Heinrich genannt), den aktuell böse Vorahnungen belasten.
(Wenn dieser treue Begleiter durch alle Lebenslagen von Meinem oder Meiner redet, ist grundsätzlich sein menschlicher Ernährer gemeint. - Nur das als Information.)

Heinrichs Sicht zur Lage der Dinge.

Eigentlich sind wir ja startklar. Wo Meiner sich jetzt noch rumtreibt, hätte ich auch mal gerne gewusst? Der trödelt durch Raum und Zeit, als würden wir gleich von Saarbrücken nach Trier kutschieren. Dabei geht es heute richtig ab. Ab in den Süden. Sonne, Strand, Wasser und Sanddünen bis zum Abwinken. Seit urlangen Zeiten mal wieder was für mein Wonnegefühl. Dass wir es die letzten hundert Jahre immer nur bis zum Baggersee, einmal an die Nordsee und ansonsten bis in den Garten geschafft haben, lag nicht etwa an meinem manchmal schwankenden Blutdruck, sondern ganz klar an dem Chaoten, von dem ich noch immer nicht weiß, wo er sich im Moment zwischen Bad und Küche verlaufen haben könnte.
Wo immer wir im letzten Jahrhundert urlaubsmäßig gestrandet waren, lauerte der Ärger mit den dortigen Behörden bereits hinter der nächsten Ecke. Über nichts vorher nachdenken – aber immer eine große Klappe. Das ist Meiner. Sein Lebensmotto: Reiche mir einen Fettnapf – den Rest erledige ich ganz allein!

Um euch zu veranschaulichen, aus welchem reich gefüllten Topf an Erfahrungen ich meinen Kolbenfüller tanken kann, serviere ich ein adäquates Exempel aus unserer gemeinsamen Anfangszeit.
„Heinrich, steig in die Socken, es geht in deine ehemalige Heimat.“
Im ersten Augenblick hatte ich null Ahnung, wovon Meiner da faselte. Er hatte mich aus einem dubiosen Tierhandel befreit, der überhaupt nicht mehr existiert, aber nur wenige Kilometer von unserem jetzigen Zuhause illegalen Handel betrieb. Was also sollten wir vor dem Schuppen und dann auch noch vor verschlossenen Türen anfangen? Soweit zu meiner Herkunft.
„Morgen machen wir zwei uns auf, an den Golf von Biskaya.“
Wieso dieser fehlgeleitete Traumtänzer dachte, ich hätte das Licht der Welt am entlegensten Winkel in Frankreich erblickt? -Fragt mich was Einfacheres! Für mich war bedeutend wichtiger, endlich diese elende Monotonie im Rhythmus des Tagesablaufs zu unterbrechen. Ich hatte null Plan, wo dieser besagte Golf überhaupt sein sollte, wo und über wie viele Löcher er gespielt wird und wie lange der Fußmarsch überhaupt dauern sollte.
„Wir fahren nach Südfrankreich, zeigen Solidarität mit den Basken und hauen General Franco aufs Maul.“
Das war mal endlich eine klare Ansage. Ich wusste nicht wohin, aber war mir bewusst, dass Süden Sandbaden und leckere Weiber ohne Ende bedeutet. Aber was nutzen die geilsten Aussichten, wenn du nicht, ohne riesige Umstände zu überwinden, auf die Aussichtsplattform gelangst?
„Der alte Schleimbeutel aus der französischen Kolonie hat mir seinen 2CV geschenkt.“
Bis dahin, wenn Meiner von dem französischen Zweig seiner Familie fabulierte, waren das immer die, die zu feige waren, sich in der Résistance nützlich zu machen und lediglich als Mitläufer aktiv wurden, mit denen man sich jedoch besser (ganz im Sinne der linken Revolution) den Hintern abwischt.
Es schien mir jedoch, dass das geschenkte Vehikel auf vier Rädern recht zügig sämtlich aufgebaute Vorurteile wie trocken Brot zerbröseln ließen. Doch dies juckte mich in dem Augenblick wenig, denn ich war nur froh darüber, die ganze Strecke nicht tappen zu müssen.
Katja Ebstein darf jedoch Glauben geschenkt werden, wenn sie trällernd behauptet, Wunder gäbe es immer wieder, denn wir schafften es mit der schaukelten Blechbüchse wahrhaftig bis nach Saint-Jean-de-Luz. Biarritz oder Bayonne kamen überhaupt nicht in die Tüte, obwohl ich die ganze Fahrt über, zu bedenken gab, in den größeren Gemeinden eine viel höhere Frequenz an willigen Urlaubsbekanntschaften machen zu können. Nein, zu weit entfernt von der spanischen Grenze und nicht intensiv nahe am Baskenland, dessen Einwohner schließlich befreit werden sollten. Irgendwann stellte ich mein Nörgeln ein und hoffte still und heimlich für mich, nahe San Sebastian die höchsten Dünen und die willigsten Touristinnen meiner Spezies anzutreffen.
Es hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre, aber Meiner wurde in diesem Kuhkaff, nur wenige Fußminuten von der spanischen Grenze entfernt, von einer Horde Gleichgesinnter erwartet, die ähnliche, irreale Hoffnungen äußerten, wie mein fantasierender Chauffeur. Am Abend, und das sahen sie als das Highlight des Tages an, besoffen sie sich mit Rotwein aus dem Tetra Pak, rauchten schlechtes Gras und verpackten ihre Parolen in einfältige Melodien. Nach zwei Tagen drehte ich dem Kasperletheater meinen grünen Rücken zu und hoffte nur noch auf die erotischen Erscheinungen, die mich am kommenden Tag heimsuchen sollten, könnten oder dürften.
Eines späten Nachmittags, die Meute der Entrückten (und Meiner mittendrin) bereits bei bester Laune, wurde die Idee geboren, unten beim Bootsverleih ein paar Ruderboote (weil die am billigsten waren und ohnehin keiner mieten wollte) zu organisieren, um raus aufs Meer zu fahren und General Franco, unter Zuhilfenahme einiger selbst gemalter Plakate, mal so richtig die Meinung zu geigen. So ein idiotischer Irrsinn kann nur einem menschlichen Hirn entspringen!
Bei mir schalteten blitzartig alle Alarmsignale auf Rot. Allerhöchste Zeit, die Flucht in unseren Rucksack anzutreten, der seit dem Zeltaufbau als mein Schlafplatz diente. Regel Nr. 1: sich nur ja in einen solch unkalkulierbaren Schlamassel nicht mit hineinziehen lassen.
Aus meiner gesicherten Deckung heraus, konnte ich dann wenig später mit ansehen, wie das Drama seinen Anfang nahm. Keine zwanzig Minuten, nachdem der sozialistisch, freiheitskämpferisch gepolte, wild rudernder Haufen auf dem offenen Meer war, entstand auf französischer sowie spanischer Seite hektische Betriebsamkeit. Die Franzosen beließen es bei einem Motorboot der Küstenwache, während auf der anderen Seite General Franco seine Guardia Civil ins Rennen um die Schlacht bei Saint-Jean-de-Luz schickte. Die komplett verpeilte Truppe hatte nämlich die Strömung im Golf von Biskaya absolut falsch eingeschätzt. Innerhalb von ganz kurzer Zeit veranlasste die Kraft des Atlantiks dem sozialistischen Ruderverband die einzigartige Möglichkeit, ihre Botschaften dem General persönlich vorzutragen. Gesungen oder in Reime gepackt, dem, sowieso bereits mit einem Bein im Grab stehenden Diktator wird es egal gewesen sein. Die Baguette-Köpfe der Küstenwache drehten ab und die Spanier baten zur Privataudienz hinter das Gemäuer der berüchtigten Polizei in San Sebastian.
Zwei lange Tage tat sich so gut, wie überhaupt nichts auf diesem elenden Campingplatz, zwar im Baskenland, dann aber doch in Frankreich und ganz nahe einem halb toten Diktator, der sich jedoch noch immer nicht überzeugt sah, die von ihm so wohl gehütete Diktatur aufzugeben, noch den Basken irgendwelche Rechte zuzugestehen.
Die Einzige der Verplanten, die sich nicht der Mission auf dem Atlantik angeschlossen hatte, war die Köchin, die, noch verblendeter als der Rest der Truppe, inständig daran glaubte, am Abend Grisbrei mit Apfelmus an die Befreier der Unterdrückten aufteilen zu können.
Ich, nur für mich gesprochen, hasse Grisbrei regelrecht.
Zwanzig Liter übelster Rotwein, ein prall gefülltes Stanniolpapier mit gestrecktem Gras und ein riesiger Topf mit Pampe für Zahnlose. Es war, nicht nur für die Köchin, auch für mich, Zeit an das Verzweifeln in den Gedanken- und Blutkreislauf mit einzubeziehen.

Und dann stand er plötzlich da.
Meiner! Ich traute beinahe meinen Augen nicht. Wenn ich mit allem gerechnet hätte - aber mit dieser beinahe biblischen Erscheinung mit Sicherheit nicht. Und das Bemerkenswerte daran, Meiner befand sich in Gesellschaft - und die schien mir auch nicht unbekannt. Es war Jacques, der französische Onkel, der mit seinem Auto-Geschenk erst diese Fahrt ermöglichte, aber noch immer zu der Sippe gehörte, mit denen man sich besser den Allerwertesten abreibt.
Aus dem anschließend folgenden Exkurs über all das, was in den letzten beiden Tage hinter meinem langen Schwanz geschah, war klar und deutlich zu vernehmen, dass Meiner, ohne intensives Strippen ziehen über französische Kanäle, wohl noch immer bei seinen verpeilten Hornochsen hinter dicken Mauern sitzen würde, um sich täglich die Ohren zu dem Blumenkohl ähnlichen Gebilden rubbeln zu lassen. Hier zeigte sich anschaulich, was in dem Kopf eines planlosen Freiheitskämpfers sich so abspielt: sitze ich so richtig tief in der Scheiße, dann erinnere ich mich auch an das sonst so verpönte menschliche Toilettenpapier.

Unser gemeinsamer Urlaub am Golf von Biskaya endete übrigens an jenem Tag. Meiner hielt mir nämlich noch zwei offizielle Schreiben unter die Nase.

  1. Ausweisung aus Spanien mit dem Verbot, je wieder spanisches Gebiet zu betreten.
  2. Ausweisung aus Frankreich und der dringenden Bitte zukünftig (aber mindestens 3 Jahre) einen großen Bogen um die Grenzen des Landes zu machen.

So, jetzt könnt ihr euch in etwa vorstellen, weshalb ich das mulmige Gefühl in meinem Magen nicht vollkommen ignorieren kann, wenn ich an das denke, was im Urlaub so passieren könnte.

Die 2 % Beneficiary für @amilcar14 wurden gesetzt.



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HaHa! Großartig erzählt. Die "Meiner"-Perspektive ein sehr schönes stilistisches Mittel. Grüße an den Grünen!

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